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Storys: Interviews: P

Lost and found......PROTECTOR

"Was macht eigentlich.........?"  Nach dem ich mir überlegt hatte, einen Artikel unter diesem Motto für www.radio-gehacktes.de zu schreiben, kam mir sofort eine Band in den Sinn: PROTECTOR! 

Discography PROTECTOR:

Misanthropy - 1987
Golem - 1988
Urm the Mad - 1989
Leviathan's Desire - 1990
A Shedding of Skin - 1991
The Heritage - 1993
Lost in Eternity (Best of ) - 1995

Den Wolfsburgern, die 1987 - 1989 mit "Misanthropy", "Golem" und "Urm the Mad" in der Besetzung Martin Missy (vocals), Hansi Müller (guitars), Ede Belichmeier (bass) sowie Michael Hasse (drums) absolute Meilensteine des deutschen Death / Thrash Metal veröffentlichten, blieb trotz des starken Songmaterials der große Durchbruch bis zuletzt verwehrt. PROTECTOR hatten nach dem (endgültigen) Ausstieg von Shouter Martin Missy im Jahr 1989 mit weiteren Line-up Problemen zu kämpfen. Gitarrist Hansi Müller stieg 1991 aus gesundheitlichen Gründen aus, der für Martin 1989 in die Band gekommene Shouter Oliver Wiebel übernahm nun auch noch den Part des Gitarristen. Ebenfalls 1991 verließ Basser Ede Belichmeier PROTECTOR, für ihn kam Matze Grün in die Band. 1992 räumte Drummer Michael seinen Hocker und wurde von Marco Pape ersetzt. Gründungsmitglied Michael Hasse, der das erste Demo eingesungen hatte und erst später auf den Drumhocker wechselte, starb 1994 an den Folgen seines Drogenkonsums. Marco Pape, der die Band bis zum Jahr 2002 mit wechselnden Besetzungen weiterführte, veröffentlichte 2002 noch ein 4-Track Demo namens "Resurrected" und trug den Bandnamen PROTECTOR dann zu Grabe. Ich plauderte mit Gründungsmitglied Heinz-Werner alias "Hansi" Müller und mit dem "Exilschweden" Martin Missy über die Anfangstage der Band, über Flickenjeans, Sport, Freundschaft, Politik, alte Helden, Reunions....und über Martins neue Band RUINS OF TIME. 

 

Lassen wir zunächst einmal das Mitglied der ersten Stunde, den Gitarristen Hansi Müller zu Wort kommen: 

Misanthropy, 1987, Martin Missy, vocals; Ede Belichmeier, bass; Hansi Müller, gitarre; Michael Hasse, drumsHansi, du bist 1991 bei PROTECTOR ausgestiegen. Wie ist es dir seither ergangen? Was hast du gemacht?

"Also, ich bin Oktober 1990 an Krebs erkrankt. Ich glaube, dass der Stress, Familie, Arbeit und PROTECTOR einfach zu viel waren. Nachdem ich die Chemo hinter mir hatte, musste ich einen neuen Weg finden, um mit allem in`s Reine zu kommen. War nicht einfach nach den Erfolgen, die wir hatten. Vorher standest Du im Mittelpunkt, und jetzt kämpftest du um`s Überleben. Nach zwei Jahren hatte ich wieder Kraft zum Neuanfang. Aber was Neues musste her. Ich habe dann angefangen, Sport zu treiben, was bei mir nach und nach zum positiven Adrenalinkick wurde. Ich habe 2001 den "Ironman" Schweiz mitgemacht ,und kam nachHeinz Werner Müller beim 2001er IronMan Switzerland 12 Stunden ins Ziel."

Wow! Meinen Respekt! Mit welchen Gefühlen hast du denn damals die weitere Entwicklung der Band verfolgt?

"Verfolgt schon, aber ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt."

Das leuchtet ein. Mittlerweile bist du Familienvater? Wie groß ist denn Familie Müller? 

Ja, Müllers gibt es vier, meine Tochter war ja schon auf einer LP mit Bild verewigt. Sie ist auch schon 14 Jahre alt, mein Sohnemann ist 12."

Was machst du zur Zeit beruflich? 

"Ich arbeite seit 1988 im VW-Werk Wolfsburg, hatte vorher zwei Jahre wegen PROTECTOR aufgehört." 

Ah, ein Leidensgenosse. Ich arbeite im Volkswagenwerk Emden. Stehst du auch am Band?

"Nein, ich bin Anlagenführer, aber halt auch in der Produktion"

Hast du noch Kontakt zu den anderen Gründungsmitgliedern? Noch Kontakt zu Olli Wiebel, der dich 1991 ablöste?

"Also, Ede habe ich bestimmt vier Jahre nicht gesehen, habe auch keinen Kontakt zu ihm. Olli habe ich eine Zeitlang öfter v.l.n.r.: stehend: Hansi Müller, Michael Hasse; sitzend: Oliver Wiebel, Eduard Belichmeier gesehen. Der ist vor zwei Jahren nach Süddeutschland gezogen, wegen der Arbeit, soviel ich weiß, mittlerweile hat ihn meine Frau wieder getroffen. Er muss also wieder in der Nähe wohnen. Ich habe aber keine Adresse. Michael ist ja schon ein paar Jahre tot. Ich hänge immer noch an unserer damaligen Freundschaft, hatte seitdem keinen Freund mehr. Michael war wie ein Bruder für mich. Wir waren es auch, die PROTECTOR gründeten. Der Name fiel uns im Zug zwischen Gifhorn und Wolfsburg ein. Wir haben uns im VW-Werk kennen gelernt. Übrigens: die Gründungsmitglieder von PROTECTOR waren: Michael Hasse, Gesang; Peter Schultz, Schlagzeug; Michael Schnabel am Bass und ich an der Gitarre. Leider habe ich aus dieser Zeit keine Aufnahmen mehr. Die waren bestimmt grottenschlecht. Dann fingen Michael und ich an, uns Gedanken über die Zukunft zu machen. Wir wollten auf  Biegen und Brechen eine LP machen. Das führte dazu, dass Michael das Schlagzeug übernahm und Peter gehen musste, dafür kam Martin. Die Stimme passte wirklich wie die Faust auf`s Auge. Dann kam Ede, weil Michael Schnabel den Ansprüchen leider nicht gewachsen war. PROTECTOR waren also vollzählig angetreten. Von nun an ging es sehr schnell, bis die erste Scheibe aufgenommen wurde."

Von Martin weiß ich, dass er mehr oder weniger regelmäßig mit seiner Band RUINS OF TIME auf der Bühne steht, wie steht es mit deinen musikalischen Fähigkeiten? Spielst du noch regelmäßig? Wann hast du deine Gitarre das letzte Mal in der Hand gehabt?

"Das letzte mal vor ca. fünf Wochen, keine Zeit, ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich wieder spiele. Ich sollte es lassen, das ist verschwendete Zeit. Das liegt auch daran, dass ich ca. fünf Jahre meines Lebens nur in irgendwelchen Übungsräumen gehockt habe, ich genieße jetzt die Zeit, wenn ich mit meinem Bike in der Weltgeschichte umher fahre. War erst heute wieder acht Kilometer im Wald joggen."

Hast du nach 1991 noch in anderen Bands gespielt? 

"Nein, in keiner."

 

Martin Missy hat PROTECTOR nach dem Aufnahmen zu "Urm the Mad" verlassen. Martin, du bist 1989 bei PROTECTOR ausgestiegen. Wie ist es dir seither ergangen? Was hast du gemacht? Was machst du zur Zeit beruflich?

"Zuallererst habe ich mal meinen Zivildienst zu Ende gemacht. Im August 1990 habe ich dann bei der Sparkasse eine Banklehre (!) angefangen. Nach bestandener Prüfung habe ich da noch ein wenig gearbeitet, bis ich irgendwann gemerkt habe, dass das ganz einfach nicht mein Ding ist. Bin dann nach Schweden gezogen, wo ich zunächst in Südschweden zwei Jahre zur Schule gegangen bin. Im Sommer 1997 bin ich dann nach Stockholm gezogen, wo ich seitdem lebe und bei der Deutschen Zentrale für Tourismus arbeite."

Was war damals für dich der Grund, die Band zu verlassen? Mit welchen Gefühlen hast du die weitere Entwicklung der Band verfolgt?

"Irgendwie war bei mir die Energie weg. Habe alles nur noch halbherzig gemacht, und da war es besser, aufzuhören. Es hat mich sehr gefreut, dass es mit der Band nach meinem Ausstieg weiter stetig nach oben ging. Nur einmal war ich ein wenig neidisch: als die Jungs in Polen vor mehreren tausend begeisterter Fans aufgetreten sind. Da wäre ich verdammt gerne dabei gewesen."

Du wohnst jetzt in Schweden. Wer oder was hat dich in dieses Land verschlagen? "Misanthropy" Promo-Foto, v.l.n.r.: Michael Hasse, Hansi Müller, Martin Missy, Ede Belichmeier

a): eine Frau b): ein Job c): der schwedische Metal d): die niedrigen Steuern (haha)?

"Ich hätte sehr gerne auf diese Frage mit der Alternative a) geantwortet, aber die Antwort b) kommt der Sache eigentlich näher. Ich wollte ganz einfach mal sehen wie es ist in dem Land, aus dem meine Mutter kommt, zu leben und zu arbeiten. War ja sonst immer nur zwei bis drei Mal pro Jahr im Urlaub da gewesen. Und es gefiel mir so gut in Schweden, dass ich mich beschloss zu bleiben."

Wie oft besuchst du Deutschland noch? 

"Zwei bis drei Mal pro Jahr. Teils Privat, und teils aus beruflichen Gründen."

Hast du noch Kontakt zu den anderen Gründungsmitgliedern Hansi Müller und Ede Belichmeier? Noch Kontakt zu Olli Wiebel, der dich 1989 ablöste?

"Mit Ede habe ich 1994/1995 in einer Metal-Coverband gespielt. Seitdem habe ich aber keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt. Mit Hansi habe ich seit ca. 3-4 Jahren wieder, meist schriftlichen, Kontakt. Mit Olli habe ich, wenn ich mich recht erinnere, seid bestimmt 10 Jahren nicht mehr gesprochen."

Hast du noch Kontakt zu anderen Bands aus der Hochzeit des deutschen Thrash Metal? Zu DEATHROW? ASSASSIN? EXUMER? KREATOR? DESTRUCTION? SODOM? HOLY MOSES? NECRONOMICON? Anderen Bands?

"Nein, habe ich nicht. Neulich waren allerdings SODOM, KREATOR und DESTRUCTION in Stockholm. Das Konzert habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Habe dann auch den Tom Angelripper, der ja mit uns zusammen auf der "Golem" den Song "Spacecake" aufgenommen hatte, angesprochen. Das hat ein wenig gedauert, bis er mich wiedererkannt hat. Naja, kein Wunder: ich habe ja jetzt kurze Haare und wiege ein paar Kilo mehr als früher. Außerdem war's ja 14 Jahre her, dass wir uns das letzte mal gesehen haben. Mit Mille habe ich mich auch unterhalten. Der war zuerst auch sehr überrascht mich hier im hohen Norden anzutreffen."

Euer Drummer Michael Hasse ist im September 1994 verstorben. Was waren die  Umstände seines Todes?

Martin: "Micha hatte Probleme mit Drogen. Die offizielle Todesursache, die ich zu hören bekommen habe, war "Hirnschlag". Was jetzt die Wahrheit ist, weiß ich nicht, und ich möchte auch nicht darüber spekulieren."

Du hast in dem Stück "The most repugnant Antagonist of Life" einen recht deutlichen Anti-Drogen Text geschrieben. War Michael zu diesem Zeitpunkt bereits vom Gift abhängig?

Martin: "Zumindest nicht, was ich bemerkt habe. Habe den Song nach eigenen, schlechten Erfahrungen mit (leichteren) Drogen, geschrieben."

Eine Frage an euch beide: In wieweit hat Drogenkonsum (von Michael oder anderen Bandmitgliedern) Einfluss auf die Bandgeschichte gehabt?

Martin: "Bis zu meinem Ausstieg eigentlich keinen. Habe gehört, dass die Jungs wohl mal Anfang der 90er eine Tour abbrechen mussten, weil es Micha nicht so gut ging, und dass dies mit Drogen zusammenhing. Und ich vermute, dass er letzten Endes auch durch Marco Pape ersetzt wurde, weil er eben diese Probleme hatte. Das ist aber auch alles, was mir zu dem Thema einfällt."

Hansi: "Darüber gibt es nicht viel zu sagen. Ich habe natürlich auch mit geraucht, aber auch nur das. Die anderen Drogen waren mir zuwider. Drogen sind aus dieser Szene nicht wegzudenken, leider. Aber jeder sollte wissen, was er da macht. Über andere möchte ich nicht reden."

Martin, seit Oktober 2001 bist du bei der schwedischen Death Metal Band RUINS OF TIME wieder am Mikro aktiv. Hast du vorher auch noch bei anderen Bands (nach PROTECTOR) gesungen? 

Martin: "Nicht auf Platte. Habe aber Mitte der 90er in einer Metal-Coverband gesungen, und 1996/97 in einer Schulband (wo wir Songs von AEROSMITH, MOTÖRHEAD und den BLACK CROWES zum Besten gegeben haben).Martin mit neuer Band RUINS OF TIME, live in Schweden, Juli 2002"

Auf deinen Konzerten mit RUINS OF TIME ziehst du auch heute noch deine berühmte Flickenhose aus PROTECTOR -Tagen an. Wie wichtig war Styling "back in the days"? 

Martin: "Styling war damals sehr wichtig. Jeanshose, Jeans- oder Lederjacke, Turnschuhe oder Springerstiefel und lange Haare gehörten ganz einfach mit dazu. Metal-Fans, die damals kurze Haare (so wie ich sie heute habe) hatten , hat man schon ein wenig mitleidig von oben herab betrachtet. Blöd, aber so war das damals."

Wie lief das Songwriting für PROTECTOR -Alben damals ab?

Martin: "Hansi hat einige Riffs geschrieben und zusammengefügt. Dann hat er im Übungsraum das ganze mit Micha und Ede eingeübt. Anschließend haben sie dann den Song auf Kassette aufgenommen, und ich habe zu Hause den Text dazu geschrieben."

Martin, du hast dich auf "Golem" (1988) bei dem Stück "Germanophobe" mit der Vorverurteilung von Deutschen in der Weltöffentlichkeit befasst. Nun hat dein Text ja gerade heute wieder eine große Aktualität. Eine Textzeile lautet: "Lets free the Earth from Dictators". Würdest du den Text heute noch einmal genau so schreiben? Wie denkst du über die Kriegspläne von dem ehemaligen Ölminister Bush, der offensichtlich eine Diktatur Golem, 1988, Martin Missy, vocals; Ede Belichmeier, bass; Hansi Müller, gitarre; Michael Hasse, drums zum Anlass nimmt, sich riesige Ölreserven unter den Nagel zu reißen und dabei den Tod von tausenden Unschuldigen billigend in Kauf nimmt (Das Interview wurde Mitte Januar 2003 geführt, als George W. Bush gerade Kriegsvorbereitungen für seinen zweiten Golf-"Feldzug" führte - Anm. d. Verf.)?

Martin: "Auweia, Politik! Was soll ich dazu sagen? Vermutlich würde ich den Text heute so nicht mehr schreiben. Auf der "Urm the Mad" habe ich ja sogar zur "Worldwide Revolution" aufgerufen, was ich so heutzutage auch nicht mehr schreiben würde. Heutzutage befassen sich meine Texte fast gar nicht mehr mit politischen Dingen. Cowboy Bush macht ja eh,  was er will, Schröder erhöht die Steuern (und ihr könnt ihn jetzt nicht mehr feuern!) und hier in Schweden wird der Sozialstaat zu Grabe getragen, egal was man dazu auch zu sagen hätte. Vielleicht ist etwas Resignation der Grund, dass ich heute keine politischen Texte mehr schreibe. Damals war man leichter für eine Idee zu begeistern, und dachte vielleicht insgeheim, dass man im Kleinen doch irgendwas damit bewegen könnte."

Martin, wenn man sich "Space Cake" (auf der "Golem") genau anhört, hört man, dass Tom Angelripper von SODOM den Song im Duett mit dir eingebrüllt hat. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen? A shedding of Skin, 1991, Olly Wiebel, vocals, gitarre, Matze Grün, bass; Michael Hasse, drums

Martin: "Michael kannte die Jungs von SODOM von früher. Er hatte mal den Fanclub für sie gemacht (auf der "Obsessed by Cruelty" steht sein Name auf der Rückseite der Platte). Weiß leider gar nicht mehr so genau, wer eigentlich die Idee zu der Zusammenarbeit hatte. Vermutlich Micha, da er ja Tom kannte. "Spacecake" haben wir übrigens auch einmal mit Tom Live zum Besten gegeben: In Bamberg im September 1988."

Kennt ihr Tom`s Saufliederscheiben unter dem "ONKEL TOM" -Banner? Was haltet ihr davon?

Martin: "Habe mitbekommen, dass er dieses Projekt (?) macht, habe aber ehrlich gesagt noch kein Lied, das er als Onkel Tom veröffentlicht hat, gehört. Kann mir also kein Urteil erlauben."

Sag mal, Hansi, wie ist denn das trashige "Freude schöner Götterfunken"-Intro für das Stück "Protector of Death" (auf der "Golem", 1988) entstanden? Klingt sehr merkwürdig....

Hansi: "Da war ich richtig sauer auf die Plattenfirma, der Song sollte, normal gespielt, auf die Scheibe kommen. Nachdem Michael und ich das Album abgemixt hatten und danach nach Hause fuhren, hat die Plattenfirma ohne unser Wissen den Song absolut vergurkt. Die haben da irgendeinen Filter eingesetzt, der den Song kaputt macht."

Geht ihr noch auf Metal- Konzerte? Verfolgt ihr die Metal-Szene noch? 

Hansi: "AC/DC war mein letztes Konzert." 

Martin: "Auf Metal-Konzerte gehe ich noch so zwei bis drei Mal pro Jahr (war letztens auf einem Konzert mit MANOWAR), verfolge aber eigentlich die heutige Metal-Szene nicht allzu sehr. Habe diesbezüglich auch die 90er verpennt, da ich das Jahrzehnt damit verbracht habe, mir all das auf CD zuzulegen, was ich in den 80ern, dadurch bedingt dass ich damals fast nur "Extrem-Metal" gehört habe, verpasst habe (z.B. JUDAS PRIEST, BLACK SABBATH, KISS, URIAH HEEP). Ab und zu kaufe ich mir aber auch mal 'ne neue Scheibe, wie z.B. die "Down to Earth" von OZZY.

Was war die letzte CD, die euch umgehauen hat? 

Hansi: "MACHINE HEAD`s "The Burning Red". TESTAMENT`s "The Gathering" mit Dave Lombardo am Schlagzeug ist das durchgehend Härteste, was ich kenne. Abgesehen von den ganzen Müllbergen, die sich mittlerweile in der Szene eingenistet haben."

  Martin: "Die Platte, die mich in den letzten Jahren am meisten begeistert hat, ist die "Toxicity" von SYSTEM OF A DOWN. Was für ein Ideenreichtum! Was für ein Wahnsinn! Echt super, die Scheibe."

Wie sieht eure CD Sammlung aus? Wer sind eure All Time Favourites?The Heritage, 1993, Olly Wiebel - Guitar, Vocals; Matze Grün - Bass;  Marco Pape - Drums

Martin: "Hmmmm...All Time Favourites sind auf alle Fälle AC/DC, mit denen bei mir 1980 alles begann (beste Scheibe "Back in Black"). Andere persönliche Favoriten sind MOTÖRHEAD (mit Ausnahme von 1-2 Platten sämtliche Scheiben!), MANOWAR ("Battle Hymns"), DANZIG (die Erste), GUNS 'N' ROSES ("Appetite for Destruction") und POSSESSED ("Seven Churches"). Aber auch bei Bands wie CELTIC FROST, EXODUS, KREATOR, SLAYER und ACCEPT höre ich ab und zu mal rein."

Hansi: "AC/DC, SEPULTURA, MACHINE HEAD,VOIVOD, OZZY, DREAM THEATER, SAVATAGE, SLAYER, MOTÖRHEAD, um nur einige zu nennen."

Welche Musikrichtung verursacht Kopfschmerzen bei euch?

Hansi: "Die neue Black- und Death Metal Szene, das hat mit den Urgesteinen CELTIC FROST, POSSESSED, VENOM und DARK ANGEL nichts mehr zu tun. Das ist einfach nur Müll."

Merchandise von E.M.P. 1989Gibt es noch irgendwo altes (oder neues) Merchandise von PROTECTOR? 

Martin: "Nein. Als die Band keine Platten mehr rausbrachte und kaum noch auftrat, verschwand auch nach und nach das ganze Merchandise vom Markt. Wer also noch irgendein T-Shirt oder ähnliches von PROTECTOR hat, soll es am besten schön hegen und pflegen und nur bei besonderen Anlässen anziehen."

Hansi: "Meine T-Shirts habe ich im Kleiderschrank, ich habe auch noch Aufnäher, Baseball Cap und andere Andenken."

Warum gibt es heute keine PROTECTOR Alben mehr bei den großen Mailorderfirmen? Bei wem liegen die Rechte?

Martin: "Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, bei wem die Rechte liegen."

Hansi: "Die Rechte lagen bei AArgh Records ,die gibt es aber nicht mehr."

Es ist eine Schande, das es keine amtlichen Re-Releases gibt. Wie denkt ihr darüber? 

Martin: "Es ist schon schade,  dass die Platten nicht als Re-Releases rauskommen. Wäre cool, wenn man den jüngeren Metallern unsere Musik zugänglich machen könnte."

Gibt es noch unveröffentlichtes Material in irgendeinem Keller?

Martin: "Unveröffentlichtes Material gibt es meines Wissens nicht. Zumindest nichts aus der Zeit, als ich bei PROTECTOR noch mit dabei war."

Hansi: "Nein. Da wir (Michael und ich) die Songs eingespielt haben, später dann Martin den Gesang draufpackte und Ede den Bass dazu spielte, waren die Aufnahmen eigentlich bei Michael, ich habe die Ideen im Kopf abgespeichert." 

Erinnert ihr euch noch an die Aufnahmen zu eurem Erstling "Misanthropy" (1987)? Was war das damals für ein Gefühl? Habt ihr damals geglaubt, ihr würdet große Stars werden? Oder wolltet ihr einfach nur abrocken?

Hansi: "Mein Ziel war es, Spaß zu haben und in der Weltgeschichte rum zu fahren. Aber am meisten Spaß hatte ich im Studio. Das war meine Lieblingsbeschäftigung. Stars, mit der Musik? Ich glaube nicht. Da musst du das spielen, was alle hören wollen. Die erste Mini LP war schon ein Sechser im Lotto. Wenn man bedenkt, dass der Markt damals von Bands überschwemmt wurde."

Martin: "Irgendwo hofft man ja immer, dass man mit seiner Musik den Sprung ganz nach oben schafft. Aber das wichtigste für uns war erstmal, Thrash-Metal zu spielen und Spaß zu haben. Allein das Gefühl, zum ersten Mal in einem Studio zu sein, war Wahnsinn. Am Anfang tat ich mich jedoch schwer. Ich hatte im Übungsraum nur einen kleinen Verstärker und habe somit nie richtig gehört, wie sich meine Stimme eigentlich anhört. Als ich dann im Studio den Gesang für den ersten Song aufnehmen sollte, klang meine Stimme einfach kläglich. Ich hab' dann solange rumgeschrieen und gebrüllt, bis das dabei rauskam, was später dann auf Platte gepresst wurde. Ach ja, und einmal haben sich der Studiotechniker und die anderen aus der Band auf meine Kosten lustig gemacht: In einer Aufnahmepause habe ich irgendwas ins Mikrophon gesprochen, was man dann draußen im "Regieraum" hören konnte.  Plötzlich sah ich, wie sich alle auf der anderen Seite der Scheibe abrollten vor Lachen. Und je mehr ich nachfragte, was denn los sei, umso mehr haben sie gelacht. Plötzlich habe ich dann mitgekriegt, dass der Studiotechniker meine Stimme mit Hilfe des Mischpults so verdreht hatte, dass sie sich im Regieraum wie die von Mickey Maus anhörte..."

urm the Mad, 1989, Martin Missy, vocals; Ede Belichmeier, bass; Hansi Müller, gitarre; Michael Hasse, drumsWas hatte sich geändert, als ihr "Golem" und dann später "Urm the Mad" aufnahmt?

"Das einzige, was mir aus dem Stehgreif einfällt war ja, dass ich zwischenzeitlich schon mal ausgestiegen, dann aber zu den Aufnahmen der "Urm..." wieder zurückgekehrt war. Außerdem war wohl schon ein bisschen größerer Erwartungsdruck da, da sich die "Golem" ja ganz gut verkauft hatte."

Hansi: "Klar, Golem wurde schon als Kracherscheibe gesehen, und sollte schon ein wenig Geld in die Kasse bringen. Promotion kostet halt Geld. Und neue Bands kosten auch Geld. Ich denke das die Plattenfirma unser verdientes Geld ausgab, um neue Bands zu produzieren, was voll daneben ging. Oder hast du schon mal was von Schah gehört?"

Irgendwas war da mal....aber zumindest sind die mir nicht langfristig im Gedächtnis geblieben. Weiter im Text: Warum habt ihr die beiden Demo Stücke "Protector of Death" und "Apocalyptic Revelations" nicht schon auf "Misanthropy" verwurstet, sondern erst auf "Golem"?

Hansi: "Die Zeit für die erste Mini LP war viel zu kurz. Ich glaube, wir hatten nur ein paar Songs fertig, auch die Studiokosten sollten gering sein, mehr als eine Woche mit Abmischen lag nicht drin."

Wie wichtig waren Live Auftritte für PROTECTOR? Welches war euer bester Gig / eure beste Tour?

Martin: "Live-Auftritte waren natürlich immer genial, obwohl ich immer super-nervös war, und eigentlich lieber im Studio gearbeitet habe. Die Nervosität legte sich meist nach ein, zwei Songs und dann machte es immer tierisch viel Spaß. Der vom Zuschauerzuspruch her beste Gig, den ich je mit PROTECTOR gemacht habe, muss der im September 1987 in Braunschweig gewesen sein. Wir sind damals mit SODOM zusammen aufgetreten und es waren bestimmt 500 Leute da. Mann, das war 'ne Stimmung! Aber der größte Auftritt, den PROTECTOR je gemacht haben, muss der oben erwähnte Auftritt 1989 in Katowice gewesen sein."

Hansi: "Unser erstes Konzert spielten wir in Holland, unser zweites in Braunschweig vor, ich glaube, 600 Leuten. Das war schon sehr aufregend. Das größte Konzert war in Polen mit KREATOR vor knapp 9000 Leuten,  das war natürlich Wahnsinn. Dort spielten wir `89 und `90 auf dem "Metallomania Festival". Dann spielten wir noch das Lichtenfels Open Air mit SEPULTURA und RUNNING WILD, das war war auch ein Highlight."

Von was habt ihr damals euren Lebensunterhalt bestritten?

Hansi im Urlaub 2001 auf FormenteraMartin: "Micha und Hansi waren "im Werk", wie man in Wolfsburg so schön sagt. Ede war, glaube ich, arbeitslos, und ich ging noch zur Schule und habe dann meinen  Zivildienst gemacht."

Habt ihr ein PROTECTOR Lieblingsalbum oder einen Lieblingstrack? Auf welches Album seid ihr im Nachhinein PROTECTOR Unterschriften auf meiner Kutte vom Emder Gig in der Alten Post, 1988 besonders stolz? 

Hansi: "Meine Lieblingssongs sind: die Klassiker "Golem", "Kain and Abel" und die beiden Stücke "Subordinate"und "Mortal Passion" von der " Leviathan's Desire", die ist auch meine Lieblingsplatte."

Martin: "Oh, was für eine schwierige Frage. Am besten gefällt mir eigentlich immer noch unser Erstlingswerk "Misanthropy", obwohl die "Golem" einen besseren Sound hatte und sich auch besser verkauft hat. Vielleicht mag ich die "Misanthropy" so sehr, weil sie von all unseren Produktionen am rohesten rüberkommt. Mein Lieblingssong? Da muss ich zumindest zwei nennen: "Kain and Abel" und "Agoraphobia"."

Warum, glaubt ihr, hat es nie zum großen Durchbruch gereicht? Warum waren z.B. Bands wie KREATOR, DESTRUCTION oder SODOM zumindest kommerziell erfolgreicher als ihr? Wart ihr zu hart für die Welt?

Martin: "Nein, das glaube ich nicht. Es gab noch deutlich härtere Bands, die mehr Erfolg gehabt haben als wir. Vielleicht hatten KREATOR, SODOM und DESTRUCTION mehr Erfolg, weil sie ein paar Jahre vor uns in die Startlöcher gegangen waren, als es in Deutschland an der Hardrockfront eigentlich nurLost in Eternity, 1995, Best of SCORPIONS und ACCEPT gab. Ich bin aber mit dem, was wir erreicht haben, vollauf zufrieden."

Hansi: "Ich meine, dass bei denen mehr an Werbung im Metal Hammer und anderen Zeitschriften lief, die Plattenfirmen hatten viel mehr investiert, als bei uns. Und anstatt langsamer zu werden, wurden wir doch zunehmend härter, wir haben halt das gemacht, was wir wollten, und nicht das, was die Plattenfirma wollte."

Die Reunion-Welle der letzten Jahre dürfte auch euch nicht unberührt gelassen haben. Was haltet ihr davon, dass sich z.B. DESTRUCTION wieder mit Schmier zusammengetan haben, EXUMER (WOA, 2001), HOLY MOSES (WOA, 2001) und ASSASSIN (angekündigt für das WOA, 2003) die Massen wieder größtenteils im Original Line-up begeistern?

Martin: "Ich find's super, da ich es total nachempfinden kann. Man wird halt nostalgisch, wenn ein paar Jahre verstrichen sind. Und außerdem können die heutigen Metal-Kids so dann auch mal live erleben, wie's damals in den 80ern war."

Hansi: "Ist doch Ok, wenn das Material stimmt, ist bestimmt auch lustig, nach so vielen Jahren 'ne neue Scheibe zu machen."

Hypothetische Frage: Wenn Holger Hübner vom Wacken Open Air (oder einer der Verantwortlichen der anderen großen Metal Festivals) euch fragen würde, ob ihr (Martin, Ede, Hansi und als Drummer evtl. Marco Pape) einen Reunion-Gig in Wacken oder auf einer anderen großen Festivität spielen würdet, wäret ihr kategorisch dagegen, oder würde es euch reizen, noch mal mit den alten Bandkumpels die Bühne zu entern und die alten Klassiker zu zocken?

Martin: "Ich wäre sofort dabei! Ein-, oder maximal zwei-dreimal noch die alten Songs zum Besten geben, das wäre genial! Ich würde jede Sekunde genießen! Noch einmal die Ansage "...und nun ein Stück über zwei ungleiche Brüder..." machen, das wär's! *Seufz* Man müsste dann anschließend aber auch die Kraft haben zu sagen: "Es war toll, aber jetzt muss Schluss sein.", damit wir nicht dem Kommerzgedanken verfallen und nur zusammenbleiben würden, um noch ein wenig Kohle abzustauben. Leider glaube ich, dass Hansi und Ede von einer eventuellen Reunion nicht so begeistert sein würden wie ich..."

Hansi: "Ich habe mit diesem Thema lange abgeschlossen, ich bekam erst vor vier Monaten ein Angebot, wieder in einer Band zu spielen. Ab und zu hole ich meine Klampfe raus und spiele ein wenig, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, wieder bei Null anzufangen. Das hat alles zu viel Nerven gekostet. Es war halt eine schöne, aber auch sehr stressige Zeit. Das brauch ich nicht noch einmal. Ich habe den Abschluss mit Michael`s Tod gemacht, außer mit ihm würde ich mit keinem anderen einen Auftritt machen. Da hängen einfach zuviel Erinnerungen dran."

Das lassen wir so stehen. Ok, ihr beiden, vielen Dank für eure Geduld und die Beantwortung der Fragen, das letzte Wort habt ihr:

Martin: "An alle Protector-Fans: Vielen Dank für euere Unterstützung! Bleibt auch weiter dem Metal treu! Rock on!"

Hansi: "Ich möchte allen danken, die uns damals zur Seite gestanden haben, es war eine super Zeit mit einem schlechten Beigeschmack. Seht zu, dass ihr sauber bleibt. Gruß, Hansi."

 

Das Interview mit Martin Missy und Heinz-Werner Müller führte Uwe Harms im Januar 2003 per email.